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Dramatischer Fachkräftemangel in Kitas

Der Ev.-luth. Kita-Verband Leine-Solling bestätigt Ergebnisse der Umfrage des DWiN

Das Diakonische Werk in Niedersachsen (DWiN) hatte die Leitungen von 700 Kindertagesstätten zu den Arbeitsbedingungen in ihren Einrichtungen befragt. Die Ergebnisse der Umfrage, an der sich 454 Kita-Leitungen beteiligt haben, sind alarmierend. Diese zeigen, dass 75 % der befragten Kitas unbesetzte Stellen haben. Das wiederum führt bei mehr als der Hälfte der Kitas zur tageweisen Schließung von Gruppen oder Verkürzung der Randzeiten. Knapp die Hälfte der befragten Kitas muss die Kernbetreuungszeiten kürzen. Eine verlässliche Kinderbetreuung kann aufgrund dessen nicht mehr flächendeckend gewährleistet werden.

„Wir können die Umfrageergebnisse leider nur bestätigten.“, so Iris Weber, pädagogische Leitung des Kita-Verbandes Leine-Solling. „Auch in unseren Einrichtungen fehlt Personal. Die Kita-Mitarbeitenden arbeiten an der Belastungsgrenze, um Personalengpässe abzufedern und eine bestmögliche Betreuung der Kinder trotz der schwierigen Situation zu gewährleisten. Allerdings zieht das dann oftmals weitere Ausfälle aufgrund von Krankheit oder Erschöpfung nach sich. Das führt zu Unzufriedenheit: Nicht nur bei den Mitarbeitenden, sondern auch bei den Eltern. Diese laden ihren Frust wiederum zum Teil bei den Mitarbeitenden ab. Viele Eltern reagieren aber auch verständnisvoll auf die jetzige Situation“, so Weber weiter.

„Uns ist sehr bewusst, dass wir sowohl die Mitarbeitenden als auch die Eltern im Blick haben müssen.“, erläutert Marco Thormann, betriebswirtschaftliche Leitung des Kita-Verbandes Leine-Solling. „Kita-Mitarbeitende benötigen gute Arbeitsbedingungen, um die frühkindliche Bildung und Betreuung gewährleisten zu können. Eltern benötigen eine verlässliche Kinderbetreuung, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingen kann. Leider wurde mit der Neufassung des Kindertagesstättengesetzes (NKiTaG) im letzten Jahr eine große Chance vertan, um für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen und damit auch wieder mehr Menschen für den Beruf zu gewinnen.“, so Thormann weiter.

Die Kita-Mitarbeitenden des Verbandes bekommen die Auswirkungen des Fachkräftemangels tagtäglich zu spüren. Die Kita-Leitungen befürchten, dass die frühkindliche Bildung nicht mehr gewährleistet werden kann und sich der Besuch einer Kita zu einer reinen Betreuung von Kindern entwickelt. Ebenso besteht die Befürchtung, dass die Verkürzung von Betreuungszeiten unumgänglich ist, da gesetzliche Aufsichtspflichten nicht mehr gewährleistet werden können. „Die Folgen des Fachkräftemangels werden kurzfristig massive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Eltern können die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Verkürzungen der Betreuungszeit nicht mehr gewährleisten und das Bildungsniveau der Kinder wird sich verschlechtern. Wir Mitarbeitende kämpfen tagtäglich vor Ort in den Kitas gegen diese Entwicklungen an, aber dies wird auf Dauer nicht reichen, da durch die Ausbildung ohne Vergütung junge Menschen sich nicht für diesen Beruf entscheiden werden. Wir brauchen grundlegend verbesserte Rahmenbedingungen.“, verdeutlicht Claudia Hennecke, Kita-Leitung in Gillersheim, stellvertretend für die Kita-Leitungen des Verbandes die Lage.

Der gleichen Ansicht ist auch Sonja Ahrens, Fachberatung des Kita-Verbandes. „Es müssen bessere Rahmenbedingen für die Kita-Mitarbeitenden geschaffen werden. Beispielsweise benötigen die Fachkräfte mehr Verfügungs- und Leitungszeit. Diese sind immer noch auf dem Stand von Anfang der 1990er Jahre. Die Anforderungen an eine Kita im Bereich Qualität und Bildung haben sich aber in den letzten Jahrzehnten enorm gesteigert. Unser Verband bietet kontinuierlich interne Fortbildungen an, um den Level an Qualität und Professionalität zu halten und weiterzuentwickeln. Die politischen Bemühungen, Menschen für dieses Berufsfeld zu begeistern, müssen auf der Prioritätenliste ganz nach oben, denn sonst droht der „Kita-Kollaps“ mit drastischen Folgen auf allen Ebenen.“

„Es braucht dringend den politischen Willen, grundlegende Änderungen im Kita-System herbeizuführen, um dem Fachkräftemangel und dem jahrelangen Investitionsstau im Bereich der Kita-Gebäude und der Ausstattung entgegenzuwirken. Nur so ist die frühkindliche Bildung und Betreuung in Kindertagesstätten auch weiterhin zu gewährleisten. Seit Jahren laufen wir sehenden Auges auf einen Abgrund zu – geändert hat sich bisher aber wenig. allein können es trotz aller Bemühungen nicht richten. Wir setzen uns nachhaltig dafür ein, dass die Rahmenbedingungen für die Kita-Arbeit grundlegend verbessert werden. Dazu gehört Beispielsweise die Einführung einer vergüteten Ausbildung, die Verstetigung von befristeten Finanzierungen wie für die vorschulische Sprachförderung oder die bereits angesprochene Erhöhung der Verfügungs- und Leitungszeiten.“, stellt Pastorin Karin Gerken-Heise als 1. Vorsitzende des Kita-Verbandes Leine-Solling abschließend fest.

Der Ev.-luth. Kita-Verband Leine-Solling ist Träger von 14 ev.-luth. Kindertagesstätten mit 1.162 Betreuungsplätzen und rund 300 Mitarbeitenden. Unter www.kita-verband.de oder den Social-Media-Accounts auf Instagram und Facebook erhalten Interessierte weitere Informationen, insbesondere zu aktuellen Stellenausschreibungen.